Wir stellen regelmäßig Vertrauensleute des Jerusalemsvereins vor, die Ansprechpersonen in Ihrer Region sind. Susanne Blatt (55) ist Pfarrerin in Leutenbach bei Stuttgart.
Es war der starke erzählerische Sog des Buchs „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ von Amos Oz, der Susanne Blatts Interesse an Israel weckte. „Dieses Buch hat mir so dermaßen eine Welt eröffnet – Oz ist ein fantastischer Erzähler“, erklärt sie. „In seinem Roman geht es ja um die Zeit der Staatsgründung 1948/49 und des darauf folgenden Krieges: Darüber wusste ich bis dahin kaum etwas. Und so wurde die Literatur mein Zugang zu diesem Land, nicht die Theologie.“
Susanne Blatt hatte sich bis dahin vor allem für Skandinavien interessiert: Sie studierte ein Jahr in Schweden und wurde nach ihrem Vikariat in Württemberg in Uppsala ordiniert. Von 2009 bis 2016 war sie Hauptpastorin der deutschen St. Gertruds Gemeinde in Stockholm. Weil ihr Mann und die beiden Kinder noch im Weihnachtsurlaub in Deutschland waren, flog sie Anfang 2010 – nach dem Silvestergottesdienst – spontan von Stockholm nach Israel: „Ich wollte keine Pilgerreise, wo mir als Christin und Theologin alles präsentiert wird, sondern das Land allein entdecken.“
In Jaffa lieh sie sich ein Fahrrad und fuhr los: zuerst nach Nazareth und Tiberias, dann über Jericho nach Jerusalem. Nachts machte sie Couchsurfing. „Bei meinen Gastgebern habe ich die Vielfalt der israelischen Gesellschaft kennengelernt.“ Eine Familie stammte aus Rumänien, die zweite aus den USA und das Paar, bei dem sie in Jerusalem wohnte, sprach sie auf Deutsch an. „Ich hätte lieber Englisch geredet – gerade nach den Eindrücken in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.“
Zurück in Stockholm knüpfte die Pfarrerin Kontakte mit der jüdischen Gemeinde. „Mit dem Kantor und dem Rabbiner der nahegelegenen Synagoge habe ich mich gut verstanden und sie zur Ökumenischen Bibelwoche eingeladen.“ Außerdem unternahm Susanne Blatt mit ihrer schwedischen Gemeinde eine Reise nach Israel.
„Nachdem ich Israel kennengelernt hatte wollte ich auch mal in die Westbank“, sagt Blatt. Sie bewarb sich als Freiwillige beim Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel (EAPPI) und wurde 2016 nach Tulkarem und Bethlehem entsandt. „Mir hat gefallen, dass EAPPI auf Einladung der Christ:innen vor Ort ins Leben gerufen wurde. Und dass ich sehr nahe am Leben der Palästinenser:innen war. Seit meiner Zeit dort sehe ich beide Seiten im Nahostkonflikt – und finde es schade, dass ich wegen EAPPI oft automatisch in eine antiisraelische Schublade gesteckt werde.“
Heute ist Susanne Blatt Pfarrerin in Leutenbach bei Stuttgart und organisiert regelmäßig Gemeindereisen nach Israel und in die Westbank.