23.01.2023 | Seit gut 30 Jahren ist Dr. Wolfgang Wittrock für den Jerusalemsverein aktiv. Er ist Ansprechpartner in der Region Pfalz/Saar.
In Wolfgang Wittrocks Familie war die Auseinandersetzung mit dem Holocaust und der deutschen Schuld sehr präsent: „Mein Vater war Jurist und arbeitete in der Abteilung Wiedergutmachung des Regierungspräsidiums Darmstadt“, berichtet er. „Viele jüdische Menschen haben sich mit Anträgen an ihn gewandt – das hat ihn bewegt. Bei uns zuhause wurde viel über dieses Thema gesprochen.“ Auch sein Geschichtslehrer, der die nationalsozialistischen Verbrechen im Unterricht aufarbeitete, habe ihn geprägt. „Den Sieg Israels 1967 habe ich mit Euphorie wahrgenommen, als linksalternativer junger Mensch habe ich mich auch sehr für die Kibbuzim als Lebensform interessiert. Und die Terroranschläge bei der Münchner Olympiade 1972 haben mich erschüttert.“
Als Vikar in der Hessischen Landeskirche reiste Wittrock um 1970 erstmals nach Israel – auf Initiative eines Kollegen, der sich im jüdisch-christlichen Dialog engagierte. „Die Besatzung der palästinensischen Gebiete war für uns damals gar kein Thema, damit habe ich mich erst später beschäftigt.“ Anfang der 1990er Jahre nahmen er und seine Familie an einer Studienfahrt mit Hermann Kuntz ins Heilige Land teil. Später organisierte Wittrock, der nach einem Zweitstudium der Pädagogik viele Jahre im Bereich Erwachsenenbildung (Männerarbeit) der pfälzischen Landeskirche tätig war, regelmäßig selbst Reisen nach Israel und Palästina – als Nachfolger von Hermann Kuntz. Begegnungen mit jüdischen, christlichen und muslimischen Menschen an Orten wie Talitha Kumi, Nes Ammim oder Neve Shalom hätten ihm bewusst gemacht, wie wichtig Dialog sei. „Die Solidarität mit den palästinensischen Menschen, die im Nahostkonflikt die schwächere Position haben, ist mir im Lauf der Jahre immer wichtiger geworden – eine einseitige Haltung in diesem Konflikt habe ich jedoch nicht.“
Die aus der Mission erwachsene evangelisch-lutherische Kirche im Heiligen Land und die im 19. Jahrhundert gegründeten Schulen, Waisenhäuser und Krankenhäuser sind Wittrock besonders wichtig: „Diese Einrichtungen gilt es zu unterstützen und zu pflegen – nicht nur die Gebäude, sondern unbedingt auch die Arbeit vor Ort“, sagt er. „Dabei müssen wir auch die Schattenseiten der Missionszeit und des kolonialistischen Erbes kritisch reflektieren und aufarbeiten. Und die arabischen ChristInnen in ihrer Vielfalt kennen lernen und partnerschaftlich begleiten“.
Das Heilige Land bedeute ihm auch deshalb sehr viel, weil die biblischen Orte nicht nur archäologisch bedeutsam, sondern auch spirituell aufgeladen seien: „Ich spüre, dort gibt es einen Raum der verdichteten Wahrnehmung der Nähe Gottes.“
Wir stellen regelmäßig Vertrauensleute des Jerusalemsvereins vor, die Ansprechpersonen in Ihrer Region sind. Dr. Wolfgang Wittrock ist theologischer Bildungsreferent im Ruhestand.